Ursula Euteneuer-Rohrer Klavierwettbewerb 2015

Schon wieder ein Geleitwort

Wir kennen das: Verfasser von „Ge­leit­wor­ten” versuchen die im Kern immer gleichen Wün­sche und Ratschläge zum un­end­lich­s­ten Male neu zu formulieren. Als Leser ahnt man nach den ersten Zeilen den Fortgang Geschichte - und wie sie enden wird.
In der Anlaufphase zu diesem Vorwort füg­ten sich nach einigen nicht niedergeschriebenen Versuchen die nachfolgend skizzierten Inbilder wie von alleine zusammen:  
Im Jahr 2015 war ich beim Geburts­tag einer DREI Jahre jungen Dame.
Als diese bei einem gerade ausgepackten Ge­schenk nicht wissen konnte, dass zum Funk­tionieren noch eine Batterie eingesetzt werden musste, versuchte ich ihr dies mit den Wor­ten „Lass’ Dir das erklären” zu vermitteln. Zu­rück kam die leicht empörte Ant­wort: „Mir muss niemand et­was erklären!”
2016 war ich auf der Feier des VIERTEN Ge­burts­tages der gleichen jungen Dame. Ein­ge­denk der vorjährigen Erfahrung versuchte ich in einer ähnlichen Situa­tion, et­was diplomatischer vorzugehen: „Darf ich Dir das erklären”. Ähnlich empörte Ant­wort: „Du brauchst mir nichts erklären, ich weiß schon alles!”
Ohne Kommentar zu der selbstbewussten Weltsicht des Mädchens zur Aussage ei­nes englischen Studenten: „Als ich zu studieren be­gann, hatte ich viele offene Fra­gen. Als ich mit dem Studium fertig war, hatte ich noch mehr offene Fra­gen - aber auf einem hö­heren Niveau ...”
Der über 90-jährige Pablo Casals antwortete auf die Frage, warum er immer noch täglich übe, in etwa: „Weil ich das Gefühl habe, Fort­schritte zu machen!”
Bitte selbst weiterdenken ...

Ursula Euteneuer-Rohrer

Ursula Euteneuer-Rohrer

Anmerkungen der Komponistin

Ein Bild kann eine Geschichte erzählen, es kann klingen…
Worte vermögen ein Bild oder eine Musik zu beschreiben…
Musikstücke beschwören Bilder herauf oder erzählen eine Geschichte…
Im Jahr 2013 erhielt ich den Auftrag, Stücke für den Klavierwettbewerb des Piano-Po­diums Karlsruhe zu schreiben, der 2015 statt­finden soll. Eine wunderbare Aufgabe, für die ich mich bei Prof. Sontraud Speidel bedanken möchte.
Ebenso eine große Herausforderung, die mir gleichzeitig einen „Riesenspaß“ bereitete. Führt das Komponieren, gerade auch für Kinder, im Zusammenhang mit der Titel­fin­dung zu teils fast vergessenen Bereichen einer bunten Erlebnis-und Phantasiewelt der eigenen Kindheit, die unbeschwert noch alles offen lässt…
So „offen“ wollen auch die Stücke sein. Dem Klischee, wie Neue Musik zu klingen hat, soll hier der Schrecken genommen werden. Nicht die Neue Musik ist das Übel, sondern der Umgang damit, oder das vollständige Meiden derselben und die verbreitete Scheu, Neues zu versuchen. Und genau hier wollen zunächst einmal die eingangs formulierten Zeilen ermutigen, auch außermusikalische Assoziationen zu gebrauchen bzw. zuzulassen.
Daher die Titel: Fabulatorium: groteske, surreale Phantasietiere, Katzenmusik: verschiedene Katzenbilder. Die Geschichte vom chromatischen Schweizerkäse mit aus­komponierten Löchern etc…
Das kompositorische Material bei den klei­nen Stücken ist oftmals aus dem anfangs gegebenen Tonvorrat abgeleitet, der gleich­zeitig über einen fixierten Fingersatz verfügt und somit eine Art „Lagenspiel“ er­möglicht. Dies ist vielfach als Reihe oder Akkord zu Beginn der jeweiligen Kompo­si­tion ange­geben. Soweit die jüngeren Jahr­gänge.
Für die „Älteren“ gibt es, außer wesentlich kom­plexeren Stücken, noch eine Graphik, eine Einladung zum Experimentieren…
Obwohl die Stücke individuell sehr ver­schie­den sind, haftet deren harmonischem Klang­bild eine Gemeinsamkeit, gewissermaßen der rote Faden, an: die schlüssige Verbindung unterschiedlicher Tonsprachen, d.h. Altes wird aus seinem stilistischen Zu­sammenhang genommen, mit Zeitge­nös­si­schem verarbeitet und bildet so einen neu­en, beinahe surrealen Kontext…
Die Idee, einen Klavierwettbewerb zu ver­an­­stalten, der die zeitgenössische Musik fördert, indem er sich zum Einen an junge Leu­te und Kinder richtet, zum Anderen je­dem der Mitwirkenden eine Anerkennung zu­sichert, finde ich sehr gut. So wünsche ich allen Mitwirkenden viel Spaß, reichlich Phantasie, Humor, Geduld und viel viel Ex­pe­rimentierfreude beim Üben und Aus­füh­ren meiner Klavierstücke!